Texte zum Thema „Symbolisches“

Bildungen des Ungewussten oder: How to do Anmut

14. September 2020
Während meines Vortrags, auf dem dieser Text aufbaut, lief zwischenzeitig im Hintergrund für die Zuhörer*innen sichtbar (aber ohne Ton) eine Zusammenstellungen kurzer Sequenzen aus dem Dokumentarfilm Gerhard Richter Painting1. Die Kompilation reihte diverse Szenen aneinander, in denen Gerhard Richter im Film großformatige Ölgemälde mit Spachteln sowie großen Rakeln bearbeitet. Im Anschluss an den Vortrag ließ Karl-Josef Pazzini mich wissen, die Filmausschnitte hätten ihn an die Stichworte „Anmut und Grazie“ erinnert, an den Dornauszieher2 in der Adaption in Heinrich von Kleists Über das Marionettentheater (Kleist 1964). Diese Assoziation möchte ich aufgreifen und zum Anlass nehmen, Zusammenhänge zwischen künstlerischer Bildung und verkörpertem Wissen aufzuzeigen. Daran anknüpfend werde ich den Versuch unternehmen, den scheinbaren Widerspruch von singulärer Anmut und systematischer Wiederholung in ästhetischen Praktiken aufzulösen oder zumindest in eine weniger widersprüchliche Relation zu setzen. Anmut, so möchte ich zeigen, lässt sich als Indiz für das Wirken impliziten Wissens in ästhetischen Praktiken verstehen. Dabei bediene ich mich der Figur der Bildungen des Ungewussten (anspielend auf Freuds Bildungen des Unbewussten3) nicht nur, um das hier relevante Wissensregister anders zu konturieren, sondern auch, weil der Begriff der Bildungen in meinem Fokus in einem übertragenen Sinne gebraucht wird, der vom Freud’schen Terminus abzugrenzen ist.

Die Stimmung des 21. Jahrhunderts. Methodologische Einführung

22. Juli 2020
Torsten Meyer konstatiert die Stimmung des 21. Jahrhunderts als (tendenziell) psychotisch. Der Text ist angelegt als methodologische Einführung in ein größeres Forschungsvorhaben, das eine Phänomenologie der „Stimmung des 21. Jahrhunderts“ versuchen und daraus Folgerungen für die kunstpädagogische Theoriebildung ableiten würde. Er zeichnet die grundlegenden Theorien – die strukturale Epistemologie und Jacques Lacans Konzeption des psychischen Apparats als Borromäischer Knoten, der das Reale, das Symbolische und das Imaginäre miteinander verknüpft – nach und verbindet beides in Anwendung von Pazzinis Konzept von „Stimmung“ zu einer abstrakten Vorlage für ein komplexes Spekulieren über die Wirkungen der aktuellen Medienkultur und deren Folgen für die kunstpädagogische Theoriebildung.