Die Künste haben das Gefängnis ihrer Autonomie verlassen. Im fortgeschrittenen 21. Jahrhundert reicht der Gegenstand künstlerischer Aktivitäten über die traditionellen Grenzen der Fächer Kunst, Musik, Tanz, Theater usw. hinaus in den medienkulturellen Alltag und bis ins wissenschaftliche Experimentieren hinein. Die Zuständigkeiten für das Wahre, Schöne und Gute sind unklar geworden. In einer von kultureller Globalisierung geprägten Welt konturieren sich Praktiken der Produktion von Bedeutung zwischen Künsten, Moral, Wissenschaft, Recht und Politik.

Mit dem postautonomen Verständnis von Kunst gehen zwei Bewegungen einher: zum einen wird im Zuge eines konsequenten Weltlichwerdens die Grenze zwischen Kunst und Nicht-Kunst destabilisiert, zum anderen vernetzen sich die Künste untereinander. Transzendentale Bezugspunkte für die traditionellen Sparten der Hochkultur gibt es nicht mehr. Nicht mehr im Ideal eurozentrischer Klassik, noch in der Reinheit des ungestörten White Cubes, Konzert- oder Theatersaals. Kunst findet statt im Global Contemporary. Im Hier und Jetzt und auf dem Boden alltagskultureller Tatsachen.

Der Sammelband befasst sich mit den Methoden, Bedingungen, Möglichkeiten und dem „magischen Potential“ der Bildung an/durch/mit den Künsten vor dem Hintergrund eines sehr deutlich erweiterten Begriffs von Kunst – fokussiert auf Performance, künstlerische Forschung und aktuelle Medienkultur.

Inhalt

• Torsten Meyer, Julia Dick, Peter Moormann, Julia Ziegenbein: Einleitung
• Julia Dick: Eröffnung

Medienkultur

• Stephan Porombka: Sekundentricks. Über Vines, GIFS und das Gelingen von kleinen Formen im Web 2.0
• Manuel Zahn: „Wir stammen von Animationen ab.“ Wirklichkeitserfahrung mit Ryan Trecartins Videos
• Ryan Trecartin: Ready (Re’Search Wait’S). Kommentiert von Konstanze Schütze
• Kristin Klein: All Work and All Play. Über ästhetische Arbeit im Internet State of Mind
• Benjamin Jörissen: Digital/kulturelle Bildung. Plädoyer für eine Pädagogik der ästhetischen Reflexion digitaler Kultur
• Gerrit Höfferer: POST für alle! Ausweitung der Randzonen: Bildung am Biennalesken
• Konstanze Schütze: Where the *pragmagics happen – Über die Ästhetik der leeren Hände und die Arbeit am Magischen

Performance

• Christine Borck: Der Körper als Träger von Identität
• Antje Dudek: Irritation und Veränderung. Magische Bildungspotenziale von Performance Art Education
• Johanna Eder: Die Magie des Flow oder das Perpetuum Mobile der Kreativität
• Marie-Luise Lange: „Ich habe getötet, um nicht getötet zu werden.“ Differenzielle ästhetische Grenzerfahrungen im labyrinthischen SPACE BETWEEN anhand des Multiplayer*innen-Videostücks “Situation Rooms” von Rimini Protokoll
• Heinrich Lüber: performance lab (occupy experience)
• Ariane Schwarz: Spieglein, Spieglein an der Wand – wer ist das echte Schneewittchen im Land?
• Ulrike Hentschel: Ästhetische Bildung – gibt’s die noch? Theaterpädagogik und Praktiken des zeitgenössischen Theaters
• Simone Etter, Marianne Schwarz, Künstler*innenkollektiv marsie: Input: Spaziergang #Aktion #Vermittlung #Erfahrungsraum
• Julia Dick: Möglichkeiten für Performer, Lehrer, Schüler, Gelangweilte, Menschen und Schamanen

Künstlerische Forschung

• Elke Mark: Fallhöhe. Zeitgenössische Performancepraxis und Wissensgenerierung in Performance Art
• Elena Haas: Performative Künstlerische Forschung. Zum Potenzial intersubjektiver Begegnung im öffentlichen Raum
• Katja Hoffmann: All the World‘s Futures: On Okwui Enwezor. Zeitgenössische kuratorische Praxis als kunstpädagogisches Handlungsmodell für künstlerisches Forschen – eine Skizze
• Julia Ziegenbein: Wissen verdichten. Universität uminszenieren?

Entgrenzungen

• Torsten Meyer: What’s Next, Arts Education? Fünf Thesen zur nächsten Ästhetischen Bildung
• Christian Rolle: Diskurse ästhetischer Bildung. Beobachtungen aus musikpädagogischer Perspektive
• Margit Schmidt: Ästhetische Bildung und Erziehung in Schule und Hochschule: Das Kölner Modell
• Chantal Küng: „sie sollten vielleicht eine art interdisziplinäre arbeitsweise entwickeln.“
• Jonas Hensel: Zur Fortsetzbarkeit der Kunst
• Rudolf Preuss: Der Moment der Erkenntnis – Oder: Welchen Sinn macht grenzüberschreitendes Arbeiten in der Schule?
• Karl-Josef Pazzini: Grenzwertige Bildung an den entgrenzenden Künsten
• Konstanze Schütze: “There is a word I am trying to remember, for a feeling I am about to have.”