Die Übung des beidhändigen Zeichnens in der Kunstpädagogik

„Le dessin est l´ouverture de la forme. Il l´est dans deux sens: l´ouverture en tant que début, départ, origine, envoi, élan ou levée, et l´ouverture en tant que disponibilité ou capacité propre.”

(Jean-Luc Nancy 2007: 13)

Das beidhändige Zeichnen ist innerhalb der Kunstpädagogik ein zwar seltenes, historisch betrachtet jedoch kontinuierlich praktiziertes Übungselement. (1) Was allerdings stets variiert, ist das mit dem Zeichnen jeweils verbundene Lernziel. Die Variationen der spezifischen Zeichenaufgabe, die sich seit über 100 Jahren als Übung im Kunstunterricht findet, reichen dabei vom beidhändigen Zeichnen von Kreisen an der Tafel mit dem Ziel einer motorischen Schulung für eine später einhändige Zeichenpraxis „nach der Natur“ (so 1903 bei James Liberty Tadd), über die rhythmisierte und ebenfalls symmetrisch angelegte beidhändige Übung (so in dem 1963 von Johannes Itten dokumentierten Bauhaus-Vorkurs und dem drawing course von Josef Albers) hin zu beidhändigem Zeichnen als Ausdrucksform körperlicher Sinne (so 1988 aus der kunstpädagogischen Praxis von Gert Selle). In der heutigen Kunstpädagogik kommt dem beidhändigen Zeichnen ein eher experimenteller Charakter zu, der Bildfindungsprozesse eröffnen soll, wie ein Beispiel aus der Zeitschrift Kunst + Unterricht von Beatrice Gysin aus dem Jahr 2003 zeigt. An die genannten Übungsbeispiele werden im Folgenden bestimmte Fragen gerichtet: 1) Wann und in welchem Kontext wurde im Kunst- bzw. Zeichenunterricht die beidhändige Zeichnung praktiziert, 2) zu welchen Zwecken wurde diese Übung jeweils verfolgt, 3) welche spezifische Lernmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler eröffneten sich hierbei und 4) welche Aspekte der historischen Übungspraxen besitzen noch für den heutigen Kunstunterricht Relevanz – gerade auch vor dem Hintergrund neuer medialer Entwicklungen?

Der „drill“ beider Hände.

James Liberty Tadd

Abb. 1: James Liberty Tadd: Buchtitel der englischsprachigen Ausgabe von 1899.

Im Jahr 1903 veröffentlichte die „Lehrervereinigung für die Pflege der künstlerischen Bildung in Hamburg” eine Übersetzung von James Liberty Tadds „New Methods in Education – Art Real Manual Training Nature Study – Explaining processes whereby hand, eye and mind are educated by means that conserve vitality and develop a union of thought and action” von 1899 (2) (Abb. 1). Der Titel der deutschen Ausgabe, „die nicht (als) eine wörtliche Übersetzung“ (Tadd 1903: V2) angelegt wurde, lautet: Neue Wege zur künstlerischen Erziehung der Jugend. Zeichnen – Handfertigkeit – Naturstudium – Kunst. Die Einheit von „Kopf und Hand bei gleichzeitiger Lebendigkeit“ (3) in der Praxis des Unterrichts wurde dabei gekürzt (4). (Abb. 2) Die deutsche Rezeption dieser zeitnahen Übersetzung beförderte wohl die sich in Hamburg formierende Kunsterzieherbewegung. Bis heute wurde dieses Buch nicht ins Französische oder Spanische übersetzt, in den Niederlanden hingegen erschien es 1906. Es scheint also ein besonderes Interesse der deutschen Kunstpädagogik an der Entwicklung des Faches und seiner Orientierung an internationalen Konzepten und Fachliteratur bestanden zu haben. Dies zeigt sich auch an der Literaturliste zu der Ausstellung „Das Kind als Künstler“ (1898, Hamburg), deren „38 Titel umfassende Literaturliste des Begleitheftes zur Ausstellung“, wie Wolfgang Legler bemerkt, „nur fünf Texte deutscher Autoren enthält.“ (Legler 2002: 11).

James Liberty Tadd

Abb. 2: James Liberty Tadd: Buchtitel der deutschsprachigen Ausgabe von 1903.

Tadds – unter den Vorzeichen der reformpädagogischen Prozesse der Jahrhundertwende stehende – Buch enthält eine umfassende Lehre der Zeichnung, ist für verschiedene Altersstufen ausgelegt (jedoch: je früher, desto besser (5)), und bietet verschiedene Schwierigkeitsstufen an. Das Zeichnen nach konkreten Objekten aus der Natur, das im ersten Teil durch einzelne Übungen im Klassenzimmer vorbereitet wird, stellt ein Ziel des Buches dar, aber auch das plastische Arbeiten wird behandelt (6). Ein weiteres Ziel ist die Erlangung handwerklicher Fähigkeiten hinsichtlich eines später auszuübenden Berufes. Konkrete Anleitungen oder Handlungsanweisungen werden nicht immer gegeben; sie lassen sich aber über die reichlich beigefügten Bilder rekonstruieren. Es lässt sich ein Bezug zur arts and crafts-Bewegung ableiten, in den sich auch das Zeichnen in der freien Natur und nach konkreten Objekten sich gut einpassen lässt (Vgl. Kemp 1979). Dass das beidhändige Zeichnen von großer Bedeutung für die Tadd´sche Konzeption des Zeichenunterrichts ist, macht nicht nur die Platzierung im ersten Abschnitt des Buches, sondern auch der das Titelbild der US-amerikanischen Ausgabe deutlich, auf dem ein Mädchen beidhändig auf einer Wandtafel ein florales Ornament (7) zeichnet. Auch das Vorwort wird übertitelt mit einer Fotografie eines Klassenraumes (Abb. 3), in dem Schülerinnen an einer Lauftafel beidhändig symmetrische Ornamente zeichnen. Sie tun dies, wie die Bildunterschrift suggeriert, „unter Anleitung“ einer rechts an der Tafel stehenden Lehrerin und vor in Schulbänken sitzenden Schülerinnen.

 James Liberty Tadd

Abb. 3: James Liberty Tadd: Neue Wege zur künstlerischen Erziehung der Jugend. Zweiter Abdruck. Leipzig 1903. Abbildung aus dem Vorwort. Bildunterschrift: „Übungen in Handfertigkeit; die Schülerinnen werden von der Klassenlehrerin dazu angeleitet.“, S. V

Es dient zunächst als Übung der Motorik und ist als ein rein körperliches Training (8) gedacht. Zugleich werden hierbei symmetrische Formen als Kanon vorgestellt bzw. als Repertoire gefestigt. Anhand der Fotografien im Buch lässt sich nachvollziehen, dass anhand einer Vorzeichnung der Lehrperson Motive kopiert werden, da Zeichnungen in einer für die Kinder und Jugendlichen nicht erreichbaren Höhe auf den Tafeln aufgezeichnet sind. Diese sollten beidhändig – zunächst nach Vorlagen und später aus dem Gedächtnis – gezeichnet werden und variieren in ihrer Komplexität (vom Kreis über Schleifen zu Palmetten). Es sind Übungen, die als „drill work“ (Tadd 1903: 33) verstanden werden, die, wie Tadd schreibt, nicht mehr als 10 Minuten (9) pro Schulstunde in Anspruch nehmen sollen. Die korrekte Ausführung wird detailliert beschrieben (stehend vor der Tafel, Hände in Höhe der Körpermitte, Größe der Kreise 15-16 cm, Haltung des Körpers gerade und der Kopf senkrecht, nur der Arm bewege sich, nicht der Körper (Tadd, 1903: 38)). Ein Zwischenstadium stellen die so genannten „Freihandzeichnungen“ dar. Hier werden ein- oder beidhändig, scheinbar aus dem Gedächtnis „freie“ Zeichnungen auf ornamentaler und symmetrischer Basis reproduziert.

James Liberty Tadd

Abb. 4: James Liberty Tadd: Neue Wege zur künstlerischen Erziehung der Jugend. Zweiter Abdruck. Leipzig 1903. S. 205.

Über den Begriff des „freien“ oder „Naturzeichnens“ muss hier angemerkt werden, dass: „in der Schule des 19. Jahrhunderts“ dies nach Wolfgang Kemp vor allem „das Arbeiten nach dem plastischen Modell, sei es ein geometrischer Körper oder ein Gipsabguss nach der Antike“ meint (Kemp 1979: 309). (Abb. 4) Formuliertes Ziel James Liberty Tadds ist es hingegen, dass die Schülerinnen und Schüler „nach der Natur“ (Tadd 1903: 29) zeichnen können und nicht nur nach von ihm so genannten „toten“ Vorlagen, bei denen vermutlich jene von Kemp beschriebenen Modelle gemeint sind. Im Gegensatz zur Forderung aus Rousseaus Émile von 1762, bei der das Lernen aus der unvermittelten Anschauung der Natur und ohne didaktische Hilfsmittel erfolgen soll (11), werden hier in kleinschrittigen Methoden (12) Formen (Gedächtniszeichen) und motorische Fähigkeiten (drill) erlernt und dann zu einem Ganzen zusammengefügt. Zur fortgeschrittenen Lernzeit wird nunmehr einhändig gezeichnet. Die Zeichnungen, die in dieser Weise„nach der Natur“ entstehen, lassen sich jedoch schwer von denen unterscheiden, die „aus dem Gedächtnis“ produziert wurden – beide sind linear aufgebaut, beide verfügen über die hinreichenden und notwendigen wesentlichen Merkmale. (Abb. 5)

James Liberty Tadd

Abb. 5: James Liberty Tadd: Neue Wege zur künstlerischen Erziehung der Jugend. Zweiter Abdruck. Leipzig 1903, Detail, S. 205.

Auch vor dem konkreten Objekt (Pferd) werden nur diese wesentlichen Merkmale, nicht jedoch spezifisch-individuelle wiedergegeben. An diesem Punkt zeigt sich, dass das von Tadd ursprünglich im Titel formulierte Vorhaben, den „Mangel am wirklichen Zeichnen“ zu beheben, sich nicht einlösen lässt – zu stark stehen dazu die trainierten Formen, die Schemata, die aus dem Gedächtnis wiedergegeben werden, einer Auseinandersetzung mit dem konkret vorhandenen Tier im Wege. So wird aus dem Zeichnen nach der freien Natur Abrufen von erlernten motorischen Bewegungen im Freien, die Bekanntes wiedergeben. Das erklärte Ziel, wie es in der Begründung des Buches heißt, „nur so viel vom Nützlichen, nach beruflichem Gesichtspunkte, wie nötig ist“ (13) zu lehren, kann demnach zumindest um eine ökonomisch orientierte Begründung des beidhändigen Zeichnens aus Kapitel 5 ergänzt werden: „In vielen Handwerken, die Geschicklichkeit erfordern, werden beide Hände gebraucht; je geschickter die linke Hand ist, desto tüchtiger der Arbeiter.“ (Tadd 1903: 22)

 Johannes Itten

Abb. 6: Johannes Itten: Mein Vorkurs am Bauhaus. Ravensburg 1963, S. 135.

In Rhythmus und Gleichklang beidhändig zeichnen

In der Tradition der Idee des schöpferischen Innenlebens von Lernenden sieht sich auch Johannes Itten, der die beidhändige Praxis seines Vorkurses am Bauhaus nachträglich beschreibt. Im Vorwort notiert er: „Erziehen ist eine verwegene Sache und ganz besonders die Kunsterziehung, denn hier geht es um das Schöpferische im Menschen.“ (Itten 1963: 8) Unter dem Begriff „Rhythmus“ findet sich folgende Aufgabe: „Schüler schreiben rhythmische Formen mit beiden Händen gleichzeitig. Es ist gut, die linke und die rechte Hand in gleicher Weise auszubilden. Die Hände können parallel oder spiegelverkehrt zeichnen oder Wörter schreiben. Solches Schreiben kann nur dann gelingen, wenn die Vorstellung der Buchstabenformen genügend deutlich ist, um in die entsprechenden Handbewegungen umgesetzt werden zu können.“ (Itten 1963: 135). (Abb. 6) Das Empfinden des eigenen Körpers und dessen Wahrnehmung als ein symmetrisches Konstrukt stehen hierbei im Vordergrund. Ob die Ergebnisse weiter benutzt wurden, beschreibt Itten nicht. Auch bei Josef Albers findet sich die Beidhändigkeit als motorische Übung: „Imagine walking into class on the first day of a Basic Drawing course and being told to stand up, hold out your arm, and draw your name backward. Or, with both hands in the air and your eyes closed, make a symmetrical drawing, then try it on paper.” (Horowitz / Danilowitz 2006: 151) Das Kippen der Schrift zu einer Form durch die Spiegelung schien dabei in Zentrum des Interesses zu stehen; aber auch die Kunstfertigkeit und Präzision, mit der diese Formen ausgeführt werden sollten. Die Zeichenkurse in Black Mountain und später in Yale standen dabei unter dem Motto: „study, not art”(Horowitz / Danilowitz 2006: 157). Albers bemerkte zu diesen Übungen selbst: „They result not directly in works of art but develop discipline, the foundation for every art work…The essential aim remains: seeing eyes and obedient hands.” (Horowitz / Danilowitz 2006: 158) Beide Kurse, der Vorkurs Ittens und die Zeichenkurse Albers´ waren für Studierende gedacht, von denen sich viele für ein künstlerisches Fach entschieden hatten. Zwar zielten die Kurse (Vorkurs und drawing class) nicht auf eine allgemeinbildende Funktion wie die Schule, doch wurden verschiedene Übungen in einzelnen Beispielen auf den Kunstunterricht übertragen. Das Zeichnen findet bei Itten nicht anhand von konkreten Mustern statt, sondern geschieht auf Anreiz von anderen sinnlichen Wahrnehmungen. Bei Albers besteht eine größere Konzentration auf die Schrift, deren Bildlichkeit hervorgehoben wird. Beiden gemein ist die Symmetrie der Ausführung, die auch bei beiden über die Handschrift argumentiert wird.

Fühlen, Machen

Gert Selle

Abb. 7: Gert Selle: Gebrauch der Sinne. Eine kunstpädagogische Praxis. Reinbeck bei Hamburg 1988, S.190.

„Mit dem ganzen Körper lernen“, unter diesem Motto lässt sich die generelle Diskussion um die fehlende Leiblichkeit in der Schule fassen, die Adelheid Sievert kritisiert: „In der Praxis von Unterricht und Erziehung verhindert jedoch die auf allen Schulstufen zunehmende Dominanz primär kognitiver Lernprozesse und die schulische Trennung von Denken und Handeln die intendierte Einheit von Denken, Fühlen und Handeln.“ (Sievert / Staudte 2000: 2) Das beidhändige Zeichnen nimmt Gert Selle 1988 in „Gebrauch der Sinne“ mit Bezug auf Merleau-Ponty auf. (Vgl.: Sievert / Staudte 2000, Selle, 1988) (Abb. 7) In der beidhändigen ausgeführten Übung, die Selle beschreibt, befindet sich der gesamte Körper auf dem Bildträger (Papier), die Aufgabe ist, sich zunächst seiner Körperlichkeit zu vergegenwärtigen, bevor damit begonnen wird „blind und beidhändig zu zeichnen, was erinnerlich ist“(Selle 1988: 194) – so dass der vermeintliche körperliche Ruhezustand, in dem die Sinne aktiviert wurden, aufgelöst wird in einen aktiven, bei dem Gesten gefunden werden sollen, „die Erlebtes und Gespürtes in eine symbolisch artikulierte Form sichtbar“ (Selle 1988: 197) umsetzen. In einem weiteren Schritt werden die so entstandenen und empfundenen Situationen reflektiert und aufgeschrieben. Selle dazu: „Der Vorgang gelingt in der allmählichen Loslösung von vorgefaßten Gestaltungsabsichten meist im Zustand des Bei-sich- und Am-Werk-Seins im Vertrauen auf das richtige Tun der Hände. (…) In den Gesten des Tastens, Zugreifens und Formen Klärens klärt und verwirklicht sich die persönliche ästhetische Erfahrung am Material und am Gegenstand.“ (Selle 1988: 180) Ziel ist das Herausarbeiten einer individuellen Ausdrucksform des eigenen Körperbewusstseins, die sich nicht an konkreten Gegenständen oder Zeichen orientiert, sondern einem subjektiven Schema unterliegt. Neben dem Aspekt des beidhändigen Zeichens kommen bei dieser Übung noch die Blindheit, die veränderte Körperhaltung (vertikal/horizontal) und die bewusste Konzentration auf die Körperwahrnehmung hinzu.

Jugendzeichnung und das beidhändige Zeichnen als „Handicap“

Beatrice Gysin

Abb. 8: Beatrice Gysin: Zeichnen «können»? In: Kunst + Unterricht Heft 271. Velber 2003. S. 41.

Beatrice Gysin bezieht sich 2003 auf das Bedürfnis, ab dem Jugendalter die Welt so „real“ als nur möglich abzubilden, welches Jugendlichen, die sich gerade von „kindlich wirkenden“ Zeichnungen abgrenzen möchten, nicht immer gelingt. Sie beschreibt diese Frustration: „Vom virtuosen Umgang mit räumlicher Wirkung aus betrachtet, vom Beherrschen der Perspektive und vom Darstellen realistischer Bildwelten aus gesehen, können ungelenke, kindliche Zeichnungen tatsächlich nur ein Fehlen, das vorläufige, das Noch-nicht-Können bedeuten.“ (Gysin 2003: 4)

 
 

Beatrice Gysin

Abb. 9: Beatrice Gysin: Zeichnen «können»? In: Kunst + Unterricht Heft 271. Velber 2003. S. 41.

Über das beidhändige Zeichnen in Kombination mit einem weiteren Handicap, nämlich einer kurzfristigen, selbstkontrollierten, einäugigen Blindheit, die erreicht wird, indem entweder nur auf das Objekt oder auf die geübte Hand geschaut werden darf, wird versucht, zu einem subjektiven Zugriff von Welt zu gelangen. Durch die so erzeugte „Ungeschicklichkeit“ soll ein individueller Zugang zur „Aneignung von Welt“ geschaffen werden. Ein Objekt soll zunächst beidhändig gezeichnet werden (Abb. 8), in einem zweiten Schritt nochmals, jedoch mit der Auflage, dass die Augen „ausschließlich die ungeübte Hand“ (Abb. 09) begleiten. In einem dritten Schritt wird ausschließlich mit der ungeübten Hand gezeichnet. (Abb. 10) Anschließend werden die vermeintlich nicht gelungenen Zeichenergebnisse besprochen und darin enthaltenes Potential besprochen: „Die Unsicherheit in der Formfindung, das Ungelenke, das Ungeübte, das Linkische kann wieder entdeckt und als authentische Ausdrucksmöglichkeiten und Qualitäten wahrgenommen werden.(…) Es geht um das Entdecken der Qualitäten des «Unbeherrschten, Unbeholfenen».“ (Gysin 2003: 43)

Beatrice Gysin

Abb. 10: Beatrice Gysin: Zeichnen «können»? In: Kunst + Unterricht Heft 271. Velber 2003. S. 41.

In einem zweiten Schritt soll nachträglich und auf rezeptiv-intellektueller Ebene vollzogen werden, welche Qualitäten die so entstandenen Bildlösungen haben – und welchen Beitrag sie zu einem „individuellen, authentischen Ausdruck“ (Gysin 2003: 43) leisten können. Das von Psychologen und Kunstpädagogen diagnostizierte „Verschwinden der Kinderzeichnung“ (Schulz 2007: 43), das sich in einem empfundenen „Nicht-können“ der Schülerinnen und Schüler niederschlägt, soll durch die Aufgabe (Handicap der Beidhändigkeit) in ein Potential umgedeutet werden, als eine positive Wendung der (von Gysin vermuteten Sicht) der „ungeschickten“ Ergebnisse.

 
 
 
 

Zusammenfassung der Beispiele

Beim ersten Beispiel, Liberty Tadd, wurde die Übung der Beidhändigkeit mit dem Ziel des motorischen Trainings praktiziert. Die entstehenden „ungeschickten“ Linien sollten durch stetige Übung und unter Zuhilfenahme eines Schemas, welches als Vorbild zuerst visuell und später durch das mehrfache Widerholen motorisch verinnerlicht wurde, zu kontrollierten Linien werden. In der Tradition der motorischen Übung einerseits, zugleich jedoch um die Ergänzung des bewussten Erzeugens von abstrakten Formen durch eigentlich bekannte, gespiegelte Zeichen andererseits, stehen die Übungen von Josef Albers. Die Ermöglichung eines ganzheitlicheren Ausdrucks des vorher konzentriert wahrgenommenen eigenen Körpers – blind und durch beide Hände – in der Übung Gert Selles stellt insofern eine Abwandlung dar, da das konkrete Motiv der spätere zeichnende Körper selbst ist, für dessen Dasein eine gestische Umsetzung gefunden werden soll – die so entstandene Zeichnung bildet dann einen Ausgangspunkt für weitere ästhetische Prozesse. Eine Lösung des „ungeübten Problems“, nämlich die Überbrückung der fehlenden zeichnerischen Übung einerseits und der als ungenügend wahrgenommenen eigenen Zeichenfähigkeit der Jugendzeichnung andererseits sieht Beatrice Gysin in einer bewussten Provokation von „ungeschickten“ beidhändigen Zeichnungen, auch unter Zuhilfenahme weiterer Handicaps wie der Lenkung des Blickes und dem Erzeugen einer „Teilblindheit“. Durch eine nachträgliche Reflektion der Tätigkeit soll im besten Falle der Zugang zu einem subjektiven Ausdruck ermöglicht werden. Wenn man so will, wird hier ein „Nicht- können“ inszeniert, ohne das die Schülerinnen und Schüler unbedingt zuvor das „Zu –können“ erlebt haben. Das beidhändige Zeichnen ist zudem in aktuellen Praktiken der Kunstpädagogik eingebunden, zumeist beim Experiment, bei dem „Handicaps“ wie zum Beispiel ein Verbot des Einsatzes von bestimmten Körperteilen (Auge, geübte Hand), oder einem einzig möglichen Einsatz bestimmter anderer (Fuß, ungeübte Hand), Sichtbarrieren oder der Einsatz von anderen technischen Hilfsmitteln ( wie zum Beispiel lange Stäbe, Extensionen, der Bau von Zeichenmaschinen…) vorgegeben werden. (Vgl.: Kunst + Unterricht Nr. 271 2003) Diese Aufzählung lässt sich beliebig erweitern. Bei so vielen Verboten, Hindernissen oder Umwidmungen von Körperteilen stellt sich auch die Frage nach dem wofür- in diesem Falle die Frage nach den spezifischen Lernmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler.
Das beidhändige Zeichnen wird von Schülerinnen und Schülern innerhalb einer Aufgabenstellung praktiziert, die von einer lehrenden Person angeleitet wird – es handelt sich in dieser Hinsicht um eine gelenkte Tätigkeit. Leistet man dieser Folge, ist sie eine Aufforderung, gelenkig und ungelenk zugleich zu handeln. Doch bereits beim Greifen des Bleistiftes mit der ungewohnten Hand zeigt sich, dass der Zugriff schwer fällt und die Selbstverständlichkeit, mit der der Stift in der anderen, rechten Hand geführt würde, wegfällt und eine Bewusstwerdung von Greifen, Handhaltung/Position etc. stattfindet. So kann das Konzept des gewohnten Weltzugriffes eine Veränderung erfahren, denn es zeigt sich beim Greifen des Bleistiftes mit der ungewohnten Hand, dass der Zugriff, die Zuhandenheit des Zeichenstiftes verloren geht und damit die Selbstverständlichkeit, mit der er in der anderen Hand geführt wurde, wegfällt – sie wird in Kombination mit dem Stift unzuhanden. „In solchem Entdecken der Unverwendbarkeit fällt das Zeug auf. Das Auffallen gibt das zuhandene Zeug in einer gewissen Unzuhandenheit.“ (Heidegger 1976: 93) In diesem Sinne könnte die ungeübte Hand unser körperliches Gedächtnis sein, das uns daran erinnert, dass die reibungslose Eingelassenheit in einen Verweisungszusammenhang von Körper und Welt unterbrochen werden kann. So lässt sich eine schon körperliche Inskription annehmen, die auf ein mögliches Scheitern, ein Nicht-Können hinweist, welches sich als eine Ausformung in der Übung des beidhändigen Zeichnens manifestiert.

In dem Moment aber, in dem eine Fehlfunktion stattfindet, kann ein Reflektionsprozess einsetzen. Das Zeichnen kann so zu einem Prozess der Reflektion schon beim Machen, also im Prozess des Zeichnens selbst bringen. Als eine solche Öffnung – hier auch im Sinne Nancys (Nancy, 2007: 13) verstanden – kann die Übung der beidhändigen Zeichnung einen körperlichen und mentalen Möglichkeitsraum eröffnen. Als Übung kann sie somit einerseits zur Überwindung von zeichnerischen Schemata dienen, andererseits zur Erfahrung einer nicht zwingend negativen körperlichen Unzulänglichkeit. Diese kann trotz eines zunächst wahrgenommenen Mangels in einem Ergebnis enden, das für Schülerinnen und Schüler positiv sein kann – und zwar nicht erst durch ein sichtbares Ergebnis auf dem Blatt, sondern als eine im Prozess (also am eigenen Leibe) gemachte Erfahrung. So kann sich der Horizont der Erfahrung kippen: von links nach rechts, von geschickt zu ungeschickt, von dominant zu nicht-dominant, von der Frage nach dem Gebrauch der Dinge im Verhältnis zum Körper (Zuhanden und Unzuhanden).Vielleicht reichen diese Verschiebungen aus, um eine Erfahrung zu ermöglichen, in dem Sinne wie die Pädagogin Meyer Drawe es formuliert: „Anfangen, die Dinge in einem neuen Licht zu sehen, als ein Ereignis, bei dem man in dem Sinne dabei ist, dass es einem selbst zustößt.“ (Meyer-Drawe 2005: 505) Deshalb möchte ich dafür plädieren, das beidhändige Zeichnen als Übung im zeitgenössischen Unterricht als Übung unter dem Aspekt der Erfahrungen, die beim Prozess gemacht werden können, einzusetzen. Gerade in der Auseinandersetzung mit konkreten Gegenständen, bei denen das „Fehlverhalten“ der „linkischen Hand“ sich besonders deutlich zeigt – oder auch der Unterschied zwischen „Denken“ und „Machen“ durch den Prozess der gelenkten und somit bewusst werdenden Ungelenkigkeit durch den Einsatz der ungeübten Hand. Das Konglomerat dieser möglichen Erfahrungen – neben denen, die das Zeichnen nach Beatrice Gysin per se ermöglicht, nämlich unter anderem der „Ausdruckskompetenz“, „Aktivierung mehrer Sinne“, „Zeiterfahrung“, „Selbstwahrnehmung“ und der „Konzentration“ (Gysin 2010: 220ff.) bietet meines Erachtens das beidhändige Zeichnen als Übung im Kunstunterricht im besonderen Maße.

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Abb.11: Screenshot aus der aktuellen Werbung für das IPad 2 von Apple (05.10.2011): „Wir werden immer“, 00:24 Sek. Quelle: www.apple.com/de/ipad/videos/

Ausblick

In welchem Verhältnis stehen die beschriebenen beidhändigen Zeichenübungen zu beidhändigen Medienanwendungen wie sie zum Beispiel auf dem IPad oder dem IPhone (14) möglich sind, die sich seit einiger Zeit etabliert haben? Der Wechsel vom Zeichenstift zur Fingerspitze, die mit verschiedenen „Werkzeugspitzen“ Spuren zugeordnet bekommen, der glatte Untergrund der Zeichenunterlage und die mit den digitalen Medien verbundene Reproduzierbarkeit der eigenen „Zeichnung“ betreffen zwar nicht spezifisch nur das beidhändige Zeichnen, doch rückt die Tätigkeit hierdurch in einen anderen Fokus. Die Form des IPads, die an eine Schiefertafel erinnert, kann als Zeichenuntergrund genutzt werden, statt dem Stift wird die Fingerkuppe verwendet, die sich innerhalb der Anwendung in eine „Werkzeugspitze“ mit jeweils festlegbaren spezifischen Spureigenschaften verwandelt. Der Zeichenuntergrund ist das Glas des Bildschirms, das keine spezifische Körnung, wie etwa beim Papier aufweist. Mit den meisten Zeichenprogrammen lässt sich eine beidhändige Nutzung realisieren, ist aber nicht zwingend Voraussetzung, während bestimmte Anwendungen, wie zum Beispiel Spiele, sehr häufig die Bedienung mit zwei Händen voraussetzen. Bisher waren Zeichenprogramme wie zum Beispiel „Art Academy“, das 2009 für den tragbaren Nintendo DS erschien, nur für eine einhändige Praxis mit einem „Zeichenstift“ (stylus pen) ausgelegt. Diese neuen technischen Möglichkeiten haben bereits Eingang in die aktuelle künstlerische Praxis gefunden, wie zum Beispiel die „drawings“ David Hockneys (15). Inwiefern diese Technik Auswirkungen auch auf die Praxis des beidhändigen Zeichnens im Kunstunterricht haben kann, steht noch aus. Fragen hierbei sind zum Beispiel: Können beidhändige motorische Kompetenzen – ganz im Sinne Tadds – als berufsbildend (auch im Sinne einer Medienkompetenz) begründet werden?
In der aktuellen Werbung für das IPad2 wird auf das bildende Potential des Gerätes hingewiesen: „Wir werden (…) neue Dinge lernen. Aber, wie wir all das machen, wird nie wieder so sein wie es war.“ (Apple IPad2 Werbung 2011: bei 00:24 Sek.) Der Text wird zu Bildern gesprochen, die unter anderem zeigen, wie ein Kind mit dem Finger auf die Glasfläche eines IPads Buchstaben schreibt, dessen Untergrund Schreiblinien für die erste Klasse zeigt – sowie ein Vorbild des zu übenden Schriftzuges. Der rechte Zeigefinger nimmt die Rolle des Schreibstiftes ein, die linke Hand dient der Stabilisierung des Zeichenuntergrunds und liegt auf dem Rahmen des Geräts auf, das sich auf dem Schoß des Kindes befindet. Wie lässt sich vor diesem Hintergrund das „Dispositiv“ der digitalen beidhändigen Zeichnung (Pichler/Ubl 2007: 232 ff.) beschreiben? Und ist der Begriff des beidhändigen Zeichnens noch valide, wenn sich in der technischen Weiterentwicklung des Mediums bis zu 10 Finger (Zeicheninstrumente/Werkzeugspitzen) auf dem Zeichenuntergrund befinden und Zeichenspuren hinterlassen?

Literatur

Dunkel, Ole / Kerbs, Diethard / BDK e.V. (Hrsg.) (1980). Kind und Kunst. Band II. Ausstellungskatalog Hannover

Gysin, Beatrice (2010) (Hrsg.). Wozu Zeichnen? Qualität und Wirkung der materialisierten Geste durch die Hand. Zürich, niggli

Gysin, Beatrice (2003). Zeichnen «können»? In: Kunst + Unterricht Heft 271 Zeichnen als Experiment. Velber, Friedrich Verlag

Horowitz, Frederick A. / Danilowitz, Brenda (Hrsg.) (2006). Josef Albers: To open eyes. The Bauhaus, Black Mountain College and Yale. London & New York, Phaidon

Itten, Johannes (1963). Mein Vorkurs am Bauhaus. Ravensburg, Ravensburger Verlag

Kemp, Wolfgang (1979). „… einen wahrhaft bildenden Zeichenunterricht überall einzuführen“. Zeichnen und Zeichenunterricht der Laien 1500-1870. Ein Handbuch. Frankfurt a.M., Syndikat

Legler, Wolfgang (Hrsg.) (1979). Kunst + Unterricht Sonderheft 1979: Denken und Machen. Velber, Friedrich Verlag

Legler, Wolfgang (2002). „Die Schule soll nicht satt, sie soll hungrig machen.“ (A. Lichtwark 1901). Vortrag auf der Fachtagung zur ästhetischen Bildung des IfL Hamburg am 12.9.2002. Zitiert nach: http://www.li-hamburg.de/fix/files/doc/legler.ps.pdf, eingesehen am 26.09.2011.

Legler, Wolfgang (2004). Reform braucht einen langen Atem – Anmerkungen zur Geschichte der Kunsterzieherbewegung in Hamburg S. 38-58. In: Georg Peez/ Heidi Richter (Hrsg.). Kind – Kunst – Kunstpädagogik. Beiträge zur ästhetischen Erziehung. Festschrift für Adelheid Sievert zum 60.Geburtstag im Februar 2004. Norderstedt, Books on Demand

Meyer-Drawe, Käte (2006). Lernen als Erfahrung. S. 505-514. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 4/ 2006. Wiesbaden, VS Verlag

Nancy, Jean-Luc (2007). Le plaisir au dessin. Lyon. Édition Hazan

Pichler, Wolfgang/ Ubl, Ralph (2007). Vor dem ersten Strich. Dispositive der Zeichnung in der modernen und vormdernen Kunst. In: Busch, Werner/ Jehle, Oliver/ Meister, Carolin (Hrsg.). Randgänge der Zeichnung. München, Wilhelm Fink Verlag

Renner, Michael (2011). Die stumme Bildkritik des Entwurfs. In: Rheinsprung 11, Ausgabe 01. Der Anfang. Aporien der Bildkritik. Basel

Riegl, Alois (1893). Stilfragen. Grundlegungen zu einer Geschichte der Ornamentik. Berlin, Verlag Georg Siemens

Rousseau, Jean-Jaques (1762 /1962). Émile ou de l´education. 2.Auflage 1962. Paderborn, Ferdinand Schöningh

Schulz, Nina (2007). Das zeichnerische Talent am Ende der Kindheit. Ein empirischer Vergleich zwischen dem Selbstbild und den Fremdbildern von Peers, Eltern, Lehrern und Künstlern. Münster /New York /München/ Berlin, Waxmann

Selle, Gert (1988). Gebrauch der Sinne. Eine kunstpädagogische Praxis. Reinbeck bei Hamburg, Rohwolt

Sievert-Staudte, Adelheid (2000). Mit dem ganzen Körper lernen. In: Doris Schuhmacher-Chilla (Hrsg.) (2000). Das Interesse am Körper – Strategien und Inszenierungen zwischen Kunst, Lifestyle und Medien. Essen, Verlag Klartext

Tadd, James Liberty (1899). New Methods in Education – Art Real Manual Training Nature Study – Explaining processes whereby hand, eye and mind are educated by means that conserve vitality and develop a union of thought and action. London, New York, Orange Judd Company, Sampson Low, Martson & Co

Tadd, James Liberty (1903). Neue Wege zur künstlerischen Erziehung der Jugend. Zweiter Abdruck. Leipzig, R. Voigtländer Verlag

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: James Liberty Tadd: New Methods in Education – Art Real Manual Training Nature Study – Explaining processes whereby hand, eye and mind are educated by means that conserve vitality and develop a union of thought and action. London, New York 1899, Buchtitel.

Abb. 2: James Liberty Tadd: Neue Wege zur künstlerischen Erziehung der Jugend. Zweiter Abdruck. Leipzig 1903, Buchtitel.

Abb. 3: James Liberty Tadd: Neue Wege zur künstlerischen Erziehung der Jugend. Zweiter Abdruck. Leipzig 1903, Vorwort S. V. Bildunterschrift: „Übungen in Handfertigkeit; die Schülerinnen werden von der Klassenlehrerin dazu angeleitet.“

Abb. 4: James Liberty Tadd: Neue Wege zur künstlerischen Erziehung der Jugend. Zweiter Abdruck. Leipzig 1903, S. 205. Bildunterschrift: Abb. 315; Sommerschule; Zeichnen eines Pferdes.

Abb. 5: James Liberty Tadd: Neue Wege zur künstlerischen Erziehung der Jugend. Zweiter Abdruck. Leipzig 1903, S. 205. Bildunterschrift: Abb. 315; Sommerschule; Zeichnen eines Pferdes. Detail.

Abb. 6: Johannes Itten: Mein Vorkurs am Bauhaus. Ravensburg 1963, S. 135. Bildunterschrift: Schüler schreiben rhythmische Formen mit beiden Händen gleichzeitig. Es ist gut, die linke und die rechte Hand in gleicher Weise auszubilden. Die Händekönnen parallel oder spiegelverkehrt zeichnen oder Wörter schreiben. Solches Schreiben kann nur dann gelingen, wenn die Vorstellung der Buchstabenformen genügend deutliche ist, um in die entsprechenden Handbewegungen umgesetzt werden zu können.

Abb. 7: Gert Selle: Gebrauch der Sinne. Eine kunstpädagogische Praxis. Reinbeck bei Hamburg 1988, S.190. Keine Bildunterschrift.

Abb. 8-10: Beatrice Gysin: Zeichnen «können»? In: Kunst + Unterricht Heft 271. Velber 2003. S. 41. Bildunterschrift: 1-7 Arbeiten von Studierenden – Ergebnisse der Übungen.

Abb.11: Screenshot aus der aktuellen Werbung für das IPad 2 von Apple (05.10.2011): „Wir werden immer“, 00:24 Sek. Quelle: http://www.apple.com/de/ipad/<wbr></wbr>videos/#play-guided-tours-ads

Endnoten

1 Mein besonderer Dank gilt Lena Lang, deren engagierter Seminararbeit an der Kunsthochschule Kassel ich zahlreiche Anregungen verdanke.

2 In einer wörtlichen Übersetzung könnte der ursprüngliche Titel so lauten: Neue Methoden im Unterricht. Wirkliche Kunst Anleitung (der) Übung (von) Naturstudien – Prozesse erklären, bei denen Hand, Auge und Verstand in einer Weise gebildet werden, die Lebendigkeit bewahrt und eine Einheit von Gedanken und Handlung entwickelt.

3 Der Übertrag auf andere Schulfächer (z.B. die Biologie) kommt im zweiten Teil des Buches hinzu.

4 Im Folgenden beziehe ich mich auf die deutsche Version des Buches, dessen Inhalt bezüglich auf die Übung des beidhändigen Zeichnens im Wesentlichen ähnlich wiedergegeben wird.

5 „Haben die Schüler die besten Jahre verpasst, so ist natürlich zur Erlangung von Leichtigkeit der Bewegung mehr Zeit erforderlich.“ (Tadd 1903: 34)

6 Der Übertrag auf andere Schulfächer (z.B. die Biologie) kommt im zweiten Teil des Buches hinzu.

7 Diese weisen eine große Ähnlichkeit zu griechischen Palmetten auf, z.B. der „Überfallenden Palmette vom Parthenon“. Vgl. dazu: Alois Riegl (1893): Stilfragen. Grundlegungen zu einer Geschichte der Ornamentik Berlin: 208ff..

8 Im 5. Kapitel der deutschen Ausgabe wird das „Beidarmige Zeichnen. Gründe für die Übung beider Hände. Hand und Auge bisher nicht erzogen“ vorgestellt. Hier macht sich die Eigenheit der deutschen Ausgabe, „die nicht eine wörtliche Übersetzung“ ( Tadd 1903: V) ist, bemerkbar, denn im englischen lautet die Überschrift: Right and left hand work, der Untertitel: Ambidextrous work. Systematic influence. Reasons for ambidextrous work. Not unreasonable mind building. Abstract work wrong. Old methods of education neglect both hands”. Dass hier die Arme und nicht nur die Hände genannt sind, verweist auf den Einsatz des Körpers beim Zeichnen.

9 „Es darf auf diese Übungen auch nur wenig Zeit verwandt werden, ungefähr zehn Minuten von jeder Stunde, wenn auf den untersten Stufen damit begonnen wird.“ (Tadd 1903: 33)

10 Auf einer Abbildung (Nr.33) sind einige Mädchen zu sehen, die an der Lauftafel zeichnen, beobachtet von Mitschülerinnen und Lehrerin. Fünf der sechs Mädchen zeichnen mit der linken Hand, eines mit der rechten. Ob die Schülerinnen angehalten wurden, mit der vermutlich ungeübten linken Hand zu zeichnen, oder das Bild gar spiegelverkehrt abgebildet wurde und Rechtshänderinnen zeigt, ist leider nicht zu klären. Vermuten lässt der Unterschied jedoch, dass die Händigkeit nicht umtrainiert wurde, da sonst alle sechs Mädchen mit der „linken“ Hand zeichnen würden.

11 Tadd zitiert Rousseau nicht direkt, spricht aber von: einer pädagogischen Autorität“, die behauptet habe: „Man solle den Schüler vor den Gegenstand setzen, dass er ihn ansehe, sich seinen Bau und seine Bedeutung selbst klar mache. Zehn Minuten, die täglich auf ein derartiges kurzes, scharfes und eindringendes Beobachten der Pflanze verwendet würden, seien mehr wert als ein ganzes Lehrbuch der Botanik.“ (Tadd 1903: 28) Dieses ist eine Paraphrase aus Jean-Jaques Rousseaus: Émile ou de l´education. (1962): Zweites Buch, Übung der Organe und Sinne, Kleidung, Schlaf Paderborn: 142 ff.

12 Diese sind: „elementare Übungsformen“, „elementare Muster“, „Verbindung von Grundformen und Stilformen“, „Nach dem Leben“ (meint hier: präparierte Tiere), „aus dem Gedächtnis“ und „Zeichnen nach der Natur“ (Tadd 1903)

13 „Es müssen die wesentlichen Bestandteile der Bildung gelehrt werden und nur so viel vom Nützlichen, nach beruflichem Gesichtspunkte, wie nötig ist, um den Körper, die Seele und die erkennenden Kräfte zur höchsten Entwickelung ihrer eigenartigen Natur fähig zu machen. (..) Denn überall auf das Nützliche zu sehen, ist wenig geeignet, einen freien und edelsinnigen Charakter zu bilden.“ Tadd 1903, S. I. Dieses Zitat Tadds ist ein nahezu wörtliches Zitat aus Aristoteles´ Politik. Vgl.: Aristoteles, Politik. Zürich 1971, 1338 b, S. 325.

14 Mitgedacht sind Smartphones und Tablet PCs anderer Hersteller.

15 David Hockney „zeichnet“ seit 2008 auf dem I Phone, seit 2010 auch mit dem I Pad.

Von Gila Kolb

Veröffentlicht am 6. Oktober 2011

Zitiervorschlag

Kolb, Gila: Die Übung des beidhändigen Zeichnens in der Kunstpädagogik, in: Zeitschrift Kunst Medien Bildung | zkmb 2011. Quelle: https://zkmb.de/die-uebung-des-beidhaendigen-zeichnens-in-der-kunstpaedagogik/; Letzter Zugriff: 06.10.2024

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