Texte zum Thema „Care“

Ein neuer Turn? Kritik, Kunst, Vermittlung und Sorge

3. August 2025
In der Dezember-Ausgabe 2016 des Kunstmagazins Art Forum schreiben die Herausgeber*innen zum Thema des Hefts The Year in Shock: „Der verblüffende Aufstieg von Nationalismus, Populismus und Fundamentalismus hat die Welt in Aufruhr versetzt. Es ist verlockend, sich vorzustellen, dass wir nur Zeuge einer weiteren Wendung eines Zyklus von Fortschritt und Rückschritt in der politischen Moderne sind. Aber wir können den Untergang des Demos in der longue durée der Demokratie verorten und gleichzeitig den falschen Trost der Vorstellung zurückweisen, dass das, was geschieht, nicht neu ist, dass wir das alles schon einmal gesehen haben. Wie sind wir hierhergekommen?“ (Molesworth 2016: o. S.). In ihrem Beitrag, der auf den Befund des „Untergangs des Demos der Demokratie“1 – den Verlust der politischen Handlungsmacht derjenigen, die zur Teilnahme an politischen Entscheidungsprozessen berechtigt sind, sei es durch Wahlen, Meinungsäußerungen oder andere Formen der Partizipation – reagiert, konstatiert die ehemalige Chefkuratorin des Museums für zeitgenössische Kunst in Los Angeles, Helen Molesworth, eine Wende, die sie als „neue Avantgarde“ beschreibt. Diese greift, im Gegensatz zur historischen Avantgarde, nicht auf die Taktik zurück, dem Schock der Moderne durch künstlerische Schockmittel zu kontern. Stattdessen, so Molesworth, bevorzugen zeitgenössische Künstler*innen eine fürsorgliche Haltung, geprägt von kontinuierlicher Selbstreflexion und Rücksichtnahme auf andere.