Texte zum Thema „Spekulation“

Wissen entrücken. Reflexion als kritische Geste

3. August 2025
„Hier finden ästhetische Erfahrungen statt.“ Eine Feststellung, die Beobachtbarkeit suggeriert und zugleich Fragen aufwirft: Woran wird dies erkennbar, ableitbar, vermutbar? Zum Kern kunstpädagogischer Praxis zählen initiierte Settings, in denen andere sich situativ erproben können, etwas erfahren können. Diese Inszenierungen werden zumeist von Unterstellungen oder einem Anspruch getragen, dass z.B. ästhetische Erfahrungen möglich werden. Doch ist dieses Vorhaben so einfach, wenn Erfahrungen etwas sind, das sich nicht beobachten lässt (vgl. Sabisch 2009: 14)? Verstehen wir ästhetische Erfahrungs- und Bildungsprozesse als unverfügbare wie zugleich zentrale kunstpädagogische Momente, kann dieses ambivalente Verhältnis einen spezifischen Zugang herausfordern, um uns als Fragende und Suchende im kunstpädagogischen Feld zu situieren. Operiert das, was unser kunstpädagogisches Interesse auf sich zieht, im Entzug, können wir in einer reflexiven Hinwendung versuchen, Figurationen und Konstellationen zu entschälen oder zu entwickeln, die symptomatisch auf Erfahrungs- und Bildungsprozesse verweisen. Diese indirekte Annäherung an Erfahrungs- und Bildungsprozesse bemüht sich um eine Arbeit mit dem Un(ver)fügbaren, betrachtet dies als konstitutiv und suggeriert nicht die Auflösung des Un(ver)fügbaren. Vielmehr wird in der Akzeptanz des vorherrschenden Entzugs ein Bezug anderer Art möglich: Indem wir anerkennen, dass sich Erfahrungs- und Bildungsprozesse nicht direkt beobachten lassen, können wir unsere Aufmerksamkeit auf Symptome dieser Prozesse richten: „Auf Symptome greift zurück, wer auf die Sache selbst nicht Zugriff hat und nur indirekt Rückschlüsse über das zu ziehen vermag, was ihm vorliegt.“ (Alloa 2011: 273)