Aktuell

Sammlungen

Ästhetik der Reorganisation. Zur Einleitung

11. Februar 2025
„What is characteristic of aesthetic experience is that by looking, describing, thinking, and interrogating artwork, we make ourselves new. Works of art – whether pictures or writings or dances or songs – rework the raw materials of our default organization. The engagement with an artwork is an engagement with oneself that tends to alter us, to reorganize us. This is why artworks offer something like emancipation: they free us from the ways that we happen to find ourselves, organized by habit, by culture, by history, and even by biology. This entanglement is the key to understanding our true nature. [...] This is because the aesthetic is much more widespread and abiding than even art and art-making; it is as basic and as original as the fact of consciousness itself. The aesthetic is a live possibility, an opportunity, and a problem, wherever we find ourselves. We are not fixed, stable, defined, and known; the very act of trying to bring ourselves into focus reorganizes and changes us. We are an aesthetic phenomenon.“ (Noë 2023b: 11)

Gemeinsam Handeln

24. September 2024
Wie kann Kunst Menschen verbinden und zu gemeinsamem Handeln führen? – Die Klasse Kooperative Strategien von Irene Hohenbüchler der Kunstakademie Münster beschäftigt sich mit Fragen zu Gemeinschaftlichkeit und kollektiven Formen des künstlerischen Arbeitens und Gestaltens. Dabei werden unterschiedliche Lebenswelten erkundet und künstlerische Formen der Aneignung und Bearbeitung in vielfältigen Kooperationen entwickelt. Durch das gemeinsame und gemeinschaftliche Handeln rücken immer wieder aktuelle, gesellschaftlich relevante Themen und Kontexte in den Fokus der künstlerischen Auseinandersetzung. Es entstehen Arbeiten, bei denen beispielsweise Pflanzen untereinander den Klimawandel beflüstern oder aus denen durch kooperatives Zusammenarbeiten mit den Besucher*innen künstlerische Projekte erwachsen. In ihrem Beitrag berichtet die Klasse Kooperative Strategien über ihre Arbeitsweise, diskutiert über die Herausforderungen des Zusammenarbeitens in kreativen Prozessen und stellt einzelne Projekte vor, die sie gemeinsam im Kunstkontext oder in Kooperation mit Schulen in den letzten Jahren realisiert hat.

Collaborative turn: Zum Widerständigen im Begriff des Gemeinschaftlichen

24. September 2024
Als Kunstpädagogin und Forschende elektrisiert mich der Begriff der „Kollaboration“. Ich vermute in diesem Begriff großzügiges Teilen von Wissen zwischen Menschen, die damit wiederum gänzlich neue Ergebnisse und Ideen entwickeln können. Zugleich finde ich den Begriff der „Kollaboration“ in Kontexten wieder, die ich als hierarchisch und funktionalisiert wahrnehme. Dies führt mich zu der Frage, was eigentlich genau als Kollaboration bezeichnet wird und warum mir die allgegenwärtige Verwendung des Begriffs Unbehagen bereitet. An den drei Beispielen eines wirtschaftlich formulierten „kollaborativen Mindsets“, einer kollektiven Kuration und deren Vermittlung sowie der Kollaboration im Klassenraum diskutiere ich unterschiedliche Vorstellungen, Praktiken und Problematiken dessen, was unter Kollaboration gefasst wird.

Löcher in Gewissheiten

24. September 2024
Dieser Beitrag nutzt zwei Sprachen – Zeichnungen und Text –, um von Prozessen zu sprechen. Die Zeichnungen zeigen eine Ebene zweiten Grades. Sie sind Analyse und Meta-Form. Fotos veranschaulichen die beschriebenen Projekte und zeigen Performances im Raum zwischen Konzept und Realität. Ich nutze Zeichnen als Mittel und Methode, um Systeme, Bezüge und Vorgänge sichtbar zu machen. Diese Zeichnungen zeigen die Struktur von Systemen und darin entstehenden offenen Räumen, von Wechselwirkungen, Begebenheiten und deren zeitlichen Fluss (vgl. Reeh 2017: 9). Zusammenhänge werden in ihren Dynamiken sichtbar, Bezüge nachvollziehbar und verständlich, diskutierbar, veränderbar. Sie sind eine Sprachform, mit der ich Vorgehen mit Menschen jeden Alters und jeder Herkunft diskutiere und berate.

Vernetzt Euch! Impulse der documenta fifteen

24. September 2024
Im Februar 2019 wurde bekannt gegeben, wer die künstlerische Leitung der 15. Ausgabe der documenta im Jahr 2022 übernimmt: ruangrupa. Daraufhin wurde in Medien und Fachkreisen nicht nur die Tatsache thematisiert, dass es sich dabei um ein Künstler*innenkollektiv aus Indonesien handelt, sondern auch dessen Arbeitsweise, die mit „lumbung“ beschrieben wird – dem indonesischen Begriff für die gemeinschaftlich genutzte Reisscheune zum Aufbewahren und Teilen der überschüssigen Ernte (vgl. documenta und Museum Fridericianum gGmbH o. J. a; vgl. ruangrupa and Nikos Papastergiadis in Conversation 2021). Damit eröffneten die Mitglieder des Kollektivs Fragen rund um gemeinsame Ressourcen, gerechte Verteilung, Teilhabeprozesse und Gemeinschaftlichkeit. Unter dem Begriff „Ekosistem“ (documenta und Museum Fridericianum gGmbH o. J. a) rückten sie das Arbeiten in kollaborativen Netzwerkstruktureninden Fokus. Das bot Anlass, über Formen des Zusammenarbeitens in unterschiedlichen Konstellationen nachzudenken und zu forschen. Welche Impulse gehen von der documenta fifteen aus?

Umdenken im Handeln mit Metaphern für Gemeinschaftlichkeit. Kollaborative kunstpädagogische Entwicklungs- und Vermittlungsversuche

24. September 2024
Die COVID-19-Pandemie hat als Treiberin einer Ad-hoc-Distanzierung und Ad-hoc-Digitalisierung weitreichende Veränderungen auch in Kunstunterricht und Kunstvermittlung angestoßen bzw. als Bedarfe oder Potentiale aufscheinen lassen. Wie auch in anderen Bildungskontexten wurden neue Erfahrungen von Nähe und Distanz in unterschiedlichen Modalitäten und Medialitäten gesammelt – analog, digital oder hybrid, in physischer oder virtueller Präsenz, synchron oder asynchron. Bisher weitgehend ungekannte soziale Situationen in digitalen oder hybriden Settings brachten neue Probleme und Möglichkeiten mit sich. Es wurde deutlich oder es ließ sich unter dem Eindruck dieser Erfahrungen zumindest besser erahnen, wo und inwiefern es notwendig oder sinnvoll ist, das Fach Kunst weiterzuentwickeln – nicht nur vor dem Hintergrund einer umfassenden „Kultur der Digitalität“ (Stalder 2016), sondern auch inmitten einer sich fortsetzenden „Polykrise“ (Tooze 2022).

Barrierefreiheit? Perspektiven für die Kunstvermittlung

24. September 2024
Inklusion, Teilhabe und Partizipation sind zentrale Begriffe im Diskurs der kulturellen Bildung und gehören zu einer der gegenwärtigen, umfassenden gesamtgesellschaftlichen Entwicklungsaufgaben. Verstehen wir Teilhabe an Kultur als grundlegende Voraussetzung, um das gesellschaftliche Zusammenleben auch im demokratischen Sinne mitzugestalten,  dann stellt sich die Frage, wie ein Abbau von Barrieren in Kultur- und Bildungsinstitutionen gelingen und kulturelle Bildungsorte zu offenen Orten der Begegnung für alle werden können. Während im schulischen Kontext häufig Inklusion noch als Integration von Schüler*innen mit Förderbedarf verstanden und praktiziert wird, interessiert uns insbesondere eine Perspektive, die von einer grundlegenden Diversität ausgeht und entsprechend diskriminierungs- sowie barrierefreie Bildungs- und Vermittlungsangebote entwickelt. Doch was zeichnet Barrierefreiheit aus und wie lassen sich möglicherweise Partizipations- und Teilhabechancen in der Kunstvermittlung als ein Teilgebiet der kulturellen Bildung verbessern? Wie barrierefrei sind Kultureinrichtungen, Schulen oder Universitäten als zentrale Bildungsinstitutionen? Eröffnen ästhetisch-künstlerische Formate des Erkundens, Experimentierens und Erprobens andere Perspektiven auf die Thematik?

Interspecies Incubation – Eine Transformation menschenzentrierter Inkubationstheorien in Interspezies-Inkubationsassemblagen[1]

24. September 2024
In unserer von anthropozentrischen Weltansichten geprägten Gesellschaft haben wir die Tendenz, die Bedeutung des Nichtmenschlichen zu vernachlässigen. Diese Vernachlässigung hat zu einer tiefgreifenden Entfremdung von symbiotischen Beziehungen zwischen Mensch und Umwelt geführt, was Bruno Latour (1988) auch als „große Kluft“ bezeichnete und Theoretiker*innen im Bereich des neuen Materialismus, der objektorientierten Ontologie und der indigenen Studien beschäftigt (vgl. Haraway 2018; Barad 2012; Bennett 2010; Morton 2018; TallBear 2017). Damit verbunden ist die Kritik an der Haltung und Denkweise einer menschlichen Überlegenheit, die zur Dominanz und Ausbeutung nichtmenschlicher Lebewesen und Ökosysteme geführt hat und mit deren katastrophalen Folgen wir heute als ein direktes Ergebnis dieser Entfremdung konfrontiert sind. Zu klären ist daher aus meiner Perspektive, wie wir eine Transformation menschenzentrierter (Theorie-)Perspektiven hin zu einem Verständnis interspezifischer Gemeinschaften entwickeln können. Hierbei untersuche ich sowohl auf wissenschaftliche wie auch auf künstlerische Weise, inwieweit das Unbewusste, speziell die Inkubation während der Ideengenerierung von zentraler Bedeutung ist.

Sammlungen

11. Februar 2025
Ausgehend von den jüngeren ästhetischen Schriften des amerikanischen Philosophen Alva Noë, insbesondere seiner Theoriefigur der Reorganisation subjektiver Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsweisen, suchen die Autor*innen des Sammelbands nach produktiven Anschlüssen für die Ästhetische Bildung, die Kunstpädagogik und Kunstvermittlung. Noës Theorie ästhetischer Erfahrung konzipiert dieselbe als ein transformatives, in seinen Worten, als ein reorganisierendes Ereignis. In erkenntnistheoretischer Perspektive bedeutet das für ihn, dass wir als Menschen nur Anderes wahrnehmen und erkennen können, wenn wir anders als zuvor wahrnehmen und erkennen; und wir können nur anders erkennen, wenn wir uns im Prozess der ästhetischen Erfahrung reorganisieren, eben selbst in einem gewissen Maße Andere werden. Die Kunst, so seine These, stellt hierfür emanzipative ,Werkzeuge‘ zur Verfügung. Und sie tut es in einem komplementären, verflochtenen Verhältnis zu unseren alltäglichen und habitualisierten Wahrnehmungs- und Verhaltensweisen. Die Kunst habe nach Noë einerseits das Potenzial, die Art und Weise, wie wir als individuelle Subjekte organisiert sind – durch verkörperte Gewohnheiten sowie historische, sozio-kulturelle und technologische Strukturen – thematisch werden zu lassen und so zu einer gesteigerten Selbstwahrnehmung zu führen. Andererseits stellt sie den Subjekten ästhetischer Erfahrung alternative, andere Praktiken und Weisen des Wahrnehmens, Denkens und Handelns zur Verfügung. Dabei eröffnet seine Theorie neue Zugänge zum Verständnis ästhetischer Bildungsprozesse bzw. ermöglicht sie den bildungstheoretisch interessierten Leser*innen Fragen zu stellen, beispielsweise hinsichtlich der Anlässe von ästhetischen Erfahrungen, ihrer Verlaufsform und nicht zuletzt auch bezüglich der Verflochtenheit von Individualität und Kollektivität ästhetischer Erfahrung. Die Beiträge nähern sich auf ganz unterschiedliche Weise der ästhetischen Theorie von Alva Noë: Sie diskutieren sie kritisch hinsichtlich ihrer Grenzen, vergleichen sie mit anderen ästhetischen und wahrnehmungstheoretischen Positionen, erproben sie in Bezug auf verschiedene medienspezifische Kunsterfahrungen oder erweitern sie. Die Autor*innen greifen dabei die zuvor in bildungstheoretischer Perspektive formulierten Fragen auf oder werfen andere weiterführende Fragen auf.
24. September 2024
Seit einigen Jahren zeigen sich vermehrt neue Phänomene von Gemeinschaftlichkeit im Kontext der Künste und digitaler Medienkultur, die für die Kulturelle Bildung, Kunstvermittlung und Kunstpädagogik Fragen zu Kreativität, Autor*innenschaft und kollektiven Praktiken thematisieren: Wie entwickeln sich kollaborative Praktiken und welchen Herausforderungen stellen sich künstlerische Kollektive? Was geschieht, wenn künstlerisches Handeln zur Forschungsmethode für durch Kunst ausgelöste Veränderungen wird? Vor welchem Hintergrund werden Partizipation und Teilhabe als wesentliche Teilprinzipien von Kollaborationen und Kollektiven gedacht? Braucht gerade eine machtkritische und emanzipatorische Kunstvermittlung Kollektive und Kollaborationen? Wie verändern digitale Medientechnologien und materielle Gefüge die Möglichkeiten von Gemeinschaftlichkeit? Welche Formen nimmt Gemeinschaftlichkeit konkret an, welche Akteur*innen sind beteiligt und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Theorie und Praxis kultureller und kunstpädagogischer Bildungsprozesse? Diese und weitere Fragen diskutieren die einzelnen Beiträge des Sammelbandes aus so unterschiedlichen Kontexten wie der künstlerischen und kuratorischen Praxis, der Kunstvermittlung und Kulturellen Bildung, dem schulischen Kunstunterricht, der kunstbezogenen Hochschulbildung sowie der partizipatorisch-künstlerischen Forschung. Dabei entwickeln die Autor*innen eigene Positionen, Ansätze und Projekte zu künstlerischer und kunstpädagogischer Gemeinschaftlichkeit, die sich zwischen Institutionalisierung und Risiko, Postdigitalität und Posthumanismus, Praxis und Konzept sowie zwischen Realität und Vision bewegen.
6. Mai 2023
Der Band Curatorial Learning Spaces nimmt aktuelle, digital und global gewordene gesellschaftliche Bedingungen zum Anlass, um das Verhältnis von Kunst, Pädagogik und kuratorischer Praxis zu befragen. Er bringt eine Reihe von Stimmen zusammen, die sich aus ihrem je eigenen praktischen und theoretischen Kontext mit Strategien des Zeigens und Vermittelns befassen und mit der Frage nach der Wirkung und Funktion von kuratorischen Räumen auseinandersetzen. Die drei titelgebenden Begriffe – Bildung, Raum und das Kuratorische – liefern die inhaltlichen Ankerpunkte für eine Reflexion produktiver Verschränkungen von kuratorischer und kunstpädagogischer Praxis und Theoriebildung. Vor dem Hintergrund sich verändernder Bedingungen und Anforderungen an institutionelle Bildungsräume durch veränderte Medienkulturen und die Anerkennung von gesellschaftlicher Heterogenität fragt dieses Buch danach, wie Strategien des Kuratierens und Vermittelns ineinandergreifen und wie sie für die Umgestaltung von Bildungsräumen produktiv gemacht werden können. Welche Wirkungen haben pädagogische Formate im Kunstfeld und umgekehrt kuratorische Formate im pädagogischen Feld? Welches Potenzial haben Ausstellungen als Erfahrungsräume, gerade wenn sie auf Prozesshaftigkeit und Teilhabe ausgerichtet sind? Kann künstlerische und kuratorische Praxis institutionell normierte Räume aufbrechen und somit konventionelle Vermittlungssituationen ästhetisch und pädagogisch erweitern?