Texte zum Thema „Kunst“

Am Rande des Raums. Lean in (Universität zu Köln) von Mirjam Thomann (2018)

7. Mai 2023
Was haben Ausstellungsräume und Universitäten gemeinsam? Beiden wird die Funktion zugesprochen, etwas her- und etwas auszustellen, das innerhalb ihrer Räumlichkeiten besondere Geltung erlangt: Kunst im ersten, und akademisches Wissen im zweiten Fall. Das, was hier gezeigt und verhandelt wird, wird durch den Raum, in dem dies geschieht, als Zeig- und Verhandelbares bestätigt. Ausstellungsräume wie Universitäten besitzen die Wirkmächtigkeit, Kunst und Wissen als solche zu legitimieren. Und beide nutzen dies als eine wichtige Ressource, um den eigenen Einflussbereich geltend zu machen. Denn auch bei institutionellen Räumen – dies erforscht das Feld der Raumsoziologie seit den 1970er-Jahren – handelt es sich um etwas Her- und Ausgestelltes. Sie werden durch Handlungen und Praktiken – Regeln, Konventionen, Gesetze und administrative Abläufe – hervorgebracht, welche zwischen dem Zeig-/Sagbaren und dem nicht Zeig-/Sagbaren trennen (Lefebvre 2006 [1974]).

Kunst als Lernumgebung

7. Mai 2023
Die Überschrift über diesem Text ist mehrdeutig. Zum einen betrachte ich, professionsbedingt, Kunst grundsätzlich aus einer pädagogischen – besser bildungstheoretischen – Perspektive: Wer und was bildet sich in Auseinandersetzung mit dieser oder jener künstlerischen Arbeit, diesem Bild/dieser Performance/Installation ...? Was bildet sich? (Dieses sich muss man verstehen wie in „wenn sich Nebel bildet“.) Schüler*innen, Studierende, Museums- oder Ausstellungssucher*innen, zufällige Passant*innen, Sammler*innen, Künstler*innen? Wie bilden sich Menschen daran/damit/dadurch? Wie bilden oder wie verschieben sich Selbst- und Weltverhältnisse ausgehend von dieser Kunst? Was macht diese Kunst mit mir? Was mit Dir? Was mit uns? Was bildet sich? Wie bildet sich (diese) Kunst in den Köpfen der Rezipient*innen? Wie in den Köpfen der Produzent*innen? Welche Bildungen, Gebilde entstehen?

Let’s get lost. Warum das Internet nicht den Untergang der abendländischen Kultur bedeutet und es uns zu kreativeren Menschen machen kann

17. September 2020
Seit rund einem Jahr hat meine Mutter (71) ein eigenes Profil auf Facebook1. Ich bin einer ihrer acht Freunde. Davor hat sie sich über zehn Jahre standhaft geweigert, auch nur mal eine SMS auf ihrem Mobiltelefon zu schreiben. Dies gepaart mit einer noch längeren, konsequenten Weigerung allen technologischen Neuerungen gegenüber, insbesondere wenn es sich um computerbasierte und digitale Kommunikationswerkzeuge handelte. Ihre Standardantwort: Man könne ja telefonieren. Als es nun gebräuchlich wurde, per Mobiltelefon und Social Media auch Bilder zu versenden, schienen mit einem Male fast alle Technikbarrieren und Computerphobien weggewischt oder zumindest überwindbar zu werden. Der Wunsch nach neuen Bildern aus der erweiterten (Familien-)Welt war offenbar stärker. Auch die Emoticons haben es ihr regelrecht angetan. Es waren nicht so sehr die Worte, sondern die Bilder, die sie den nötigen Effort aufbringen und etwas Neues lernen ließen.

Bildungen des Ungewussten oder: How to do Anmut

14. September 2020
Während meines Vortrags, auf dem dieser Text aufbaut, lief zwischenzeitig im Hintergrund für die Zuhörer*innen sichtbar (aber ohne Ton) eine Zusammenstellungen kurzer Sequenzen aus dem Dokumentarfilm Gerhard Richter Painting1. Die Kompilation reihte diverse Szenen aneinander, in denen Gerhard Richter im Film großformatige Ölgemälde mit Spachteln sowie großen Rakeln bearbeitet. Im Anschluss an den Vortrag ließ Karl-Josef Pazzini mich wissen, die Filmausschnitte hätten ihn an die Stichworte „Anmut und Grazie“ erinnert, an den Dornauszieher2 in der Adaption in Heinrich von Kleists Über das Marionettentheater (Kleist 1964). Diese Assoziation möchte ich aufgreifen und zum Anlass nehmen, Zusammenhänge zwischen künstlerischer Bildung und verkörpertem Wissen aufzuzeigen. Daran anknüpfend werde ich den Versuch unternehmen, den scheinbaren Widerspruch von singulärer Anmut und systematischer Wiederholung in ästhetischen Praktiken aufzulösen oder zumindest in eine weniger widersprüchliche Relation zu setzen. Anmut, so möchte ich zeigen, lässt sich als Indiz für das Wirken impliziten Wissens in ästhetischen Praktiken verstehen. Dabei bediene ich mich der Figur der Bildungen des Ungewussten (anspielend auf Freuds Bildungen des Unbewussten3) nicht nur, um das hier relevante Wissensregister anders zu konturieren, sondern auch, weil der Begriff der Bildungen in meinem Fokus in einem übertragenen Sinne gebraucht wird, der vom Freud’schen Terminus abzugrenzen ist.

Let’s talk about sex and art!

2. September 2020
Welchen Beitrag können Kunst und Kunstvermittlung bei der Beschäftigung mit aktuellen politischen und gesellschaftlichen Fragestellungen leisten? Wie können Kulturinstitutionen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen und welche Werkzeuge müssen kulturelle Bildungsarbeiter*innen entwickeln, um der Diversität und der sich wandelnden sozialen und kulturellen Zusammensetzung von Gesellschaft adäquat begegnen zu können?

Betonen, dass nichts betont werden muss. Über die Darstellung von Abtreibungen in Filmen und Serien und die Frage: Gibt es ‚positive Bilder‘?

1. September 2020
„Da wirst du wahrscheinlich nicht so viel finden, oder?“, ist eine der häufigsten Fragen, die ich im Laufe meiner Recherche gehört habe. Seit fast einem Jahr forsche ich zur Darstellung von Abtreibungen[1] in Filmen und Serien und kann den Freund*innen und Familienmitgliedern, die mir diese Frage gestellt haben, mittlerweile sagen: „Doch, ich finde sogar ziemlich viel. Aber es macht nicht unbedingt Spaß, sich das alles anzuschauen.“ Auf diese Aussage folgt oft ein weiteres, jedoch unausgesprochenes Fragezeichen: Warum sollte die Auseinandersetzung mit Abtreibungen Spaß machen? Ist das überhaupt möglich?

Abwesenheiten: Mark Alexander im Dialog mit Paul Egells Mannheimer Hochaltar

22. März 2018
Im Mittelpunkt des Beitrages steht eine Auseinandersetzung mit der Rezeption des kriegszerstörten Barockaltares von Paul Egell in den Werken des zeitgenössischen Malers Mark Alexander. Dieser epochenübergreifende Dialog zweier Künstler entfaltet sein theoretisches Potential insbesondere an den versehrten Teilen des Altarwerkes, die heute als buchstäblich leere Stellen in ihrem Umriss Zeugnis von der Abwesenheit der dazugehörigen Heiligenfiguren geben.

We are lost – woher kommt die nächste Kunst? Kommentar zum Beitrag von Johannes M. Hedinger

25. November 2017
Nicht mehr aus der schöpferischen Kraft des Menschen heraus, sondern aus der intelligenten Maschine, die ihn künstlich auf körperlicher und mentaler Ebene erweitert, entstehen zukünftig die zeitgenössischen künstlichen Arbeiten, die in der Welt der Künste rezipiert und diskutiert werden. An die Stelle des Endes des Künstlers und des Endes der Kunst tritt also die Erweiterung des Künstlers, bzw. die Erweiterung der Kunst. Aus eigener Hand bzw. Wahrnehmung und mittels eigener geistiger Anstrengung künstlerisch tätig zu sein, ist nicht mehr notwendig, stattdessen wird diese Form der ästhetischen Praxis ausgeführt von künstlich intelligenten Robotern, die künstliche Kunst durch logische, mathematische Errechnung produzieren. Künstlich künstlerische Tätigkeiten bedürfen dabei bestenfalls der Anleitung und Begleitung durch den Menschen, der also Kraft seines geistigen Vermögens mental operational in Entstehungsprozesse eingreift. Ist das die Zukunftsvision zur Produktion der nächsten Kunst?

„[…] weil sie ohne die Schwarzen nicht wissen, wer sie sind.“1

25. Oktober 2017

Vor einiger Zeit habe ich einen Text zu schreiben begonnen, in dem es um Rassismus, Kunst und Bildung geht, habe ihn nach einiger Zeit wieder gelesen und festgestellt, dass er rassistische Züge hat. Ich bin erstaunt über mein Unvermögen, vorhandenen Denk- und Sprachsortierungen zu entkommen. Mir ist es unangenehm, einzugestehen, wofür ich den Kontext Kunst […]

From Art and Education to artEducation: Die Bildungsrevolution erreicht die Kunstpädagogik

9. Mai 2016

„In einem unglücklichen Moment der Geschichte beschloss irgendein Philister oder irgendeine Gruppe von Philistern in einer Machtposition, die Kunst von der Erziehung zu trennen und sie zu degradieren: Von der Metadisziplin, die sie gewesen war, zur Handwerkskunst, die sie heute ist.“[1] Luis Camnitzer (2009: 177) Eine blonde Frau im blauen, fast schwarzen Mantel Die Bustür […]